Von Schlangen nach Kandahar
Üben in der Senne für den Häuserkampf in
Afghanistan
Informationsveranstaltung
Dienstag, 01. Juni 2010, 20 Uhr
Evangelische Studierenden Gemeinde (ESG), Am Laugrund 5, Paderborn
Im Oktober 2010 sollen nach dem Willen der britischen Armee die neuen
Kampfdörfer auf dem Truppenübungsplatz Senne fertiggestellt sein. Dann wird sich
das Leben in den Anrainergemeinden spürbar ändern. In Hövelhof, Sennelager und
Bad Lippspringe wird vermehrt Übungslärm zu hören sein. Besonders hart treffen
wird es die lippische Gemeinde Schlangen. Nahe an den Ortsgrenzen werden dann
zwei Kampfdörfer, ein Schießhaus und ein vorgeschobener Stützpunkt die
Lärmkulisse für die Anwohner bilden. Die Anrainer müssen pro Tag bis zu 2.500
Schüsse mit Übungs- oder scharfer Munition, 20 Übungsgranaten, 25 simulierte
Sprengungen und 20 abgefeuerte Leuchtraketen ertragen. Hinzu kommen noch
Hubschrauberflüge und Konvoifahrten mit 60 Fahrzeugen an den Übungstagen.
Die britische Armee will sich mit den Übungen in der Senne "optimal" auf den
Häuserkampf in den Städten und Dörfern Afghanistans vorbereiten. Der Krieg in
Städten und Dörfern steht auch im Mittelpunkt des Trainings deutscher-,
amerikanischer- und anderer NATO- Truppen auf Übungsplätzen in ganz Deutschland.
Wir wollen uns an dem Dienstagabend im Rahmen unserer Veranstaltung kundig
machen:
Wie stark ist der Protest in Schlangen und in den anderen Anrainergemeinden gegen die Kampfdörfer auf dem Truppenübungsplatz Senne?
Wo wird in Deutschland für den Häuserkampf geübt?
Welche Bedeutung hat der Krieg in Städten und Dörfern für die Millitärstrategien?
Was sind die Erfahrungen mit dieser Art
Kriegsführung?
Zum Beispiel bei den Kämpfen in den Städten Falludscha/Irak und Gaza-City/
Palästina.
Und welche Kämpfe sind in Kandahar zu erwarten,
der mit circa 500.000 Einwohnern zweitgrößten Stadt Afghanistans?
Die NATO-Truppen planen in diesem Juni den Beginn einer Großoffensive in der
Provinz und in der Stadt Kandahar.
Hier eine
Zusammenfassung des Vortrags „Von Schlangen nach Kandahar - Üben in der Senne
für den Häuserkampf in Afghanistan“ am 1. Juni in Paderborn
(als
PDF-Datei):
Die britische Armee will sich nach eigenen Aussagen mit den Übungen in der Senne
"optimal" auf den Häuserkampf in den Städten und Dörfern Afghanistans
vorbereiten. „Optimal“ heißt für die übenden Militärs: Minimierung der eigenen
Todeszahlen, denn in der je eigenen Bevölkerung wird der Einsatz nicht mehr
mitgetragen, wenn zu viele Soldaten fallen.
Für die gegnerischen Kräfte und besonders für die Zivilbevölkerung bedeutet
Häuserkampf - wie er in der Senne aber auch vermehrt an vielen Stellen in
Deutschland von deutschen-, amerikanischen- und anderen NATO-Truppen geübt wird
– tausendfachen Tod. Das Ergebnis ist eine weitgehende Zerstörung von Städten
und Dörfern. Die in der Veranstaltung angeführten Beispiele der Häuserkämpfe in
Falludscha/Irak und Gaza/Palästina machten dies sehr deutlich – und die in
nächster Zeit beginnende NATO-Offensive gegen die 500.000 Einwohner zählende
Stadt Kandahar in Afghanistan lässt ähnliches befürchten.
Der Krieg in Städten ist die Kriegsform der Zukunft, darin sind sich
Militärstrategen und Militärwissenschaftler einig. Deshalb bereiten sich die
deutsche Bundeswehr, die britische Armee und die amerikanischen Streitkräfte so
intensiv auf ihn vor. Beispielhaft zur Militärdiskussion ist ein Beitrag in
"Parameters", der Zeitschrift des amerikanischen Heeres: „Die Zukunft der
Kriegsführung liegt in den Straßen, Abwasserkanälen, Hochhäusern und dem
Häusermeer, aus denen die zerstörten Städte der Welt bestehen. [...] Unsere
jüngste Militärgeschichte ist gespickt mit Städtenamen wie Tuzla, Mogadischu,
Los Angeles, Beirut, Panama City, Hué, Saigon, Santo Domingo – aber diese
Zusammenstöße sind nur der Prolog des eigentlichen Dramas, das uns noch
bevorsteht.“
Es ist zu erwarten, dass das Üben in den Kampfdörfern in der Senne nicht nur
kurzfristig für den Krieg in Afghanistan geschehen wird, sondern langfristig -
für die vielen zukünftigen weltweiten Militärinterventionen.