Erfahrungsbericht: Caravane für Palästina - Caravane des Rechts
Eine Protestaktion gegen den Mauerbau in Palästina / von Dr.
Suhail Jarrar
Es hat etwa ein Jahr Vorbereitung gekostet. Am 4.7.2005 ist die Caravane von
Strasbourg nach Palästina gestartet. Sie wurde mit viel Arbeit und vor allem mit
viel Geduld von Einzelpersonen und Aktivisten aus den sozialen Bewegungen
Frankreichs, der Niederlande, Spaniens und Italiens geplant und vorbereitet.
Bei der Abreise in Strasbourg wurde die Caravane von EU-Parlamentarien aller
Fraktionen, besonders aber von der Fraktion der Linken und der skandinavischen
Grünen mit den besten Wünschen verabschiedet, ebenso in Genf von dem
Hauptquartier der UNO.
Wir ,die Teilnehmer, sprachen viele Sprachen, denn wir kamen aus achtzehn
verschiedenen Ländern. Wir haben haben sehr unterschiedliche Berufe: Manche von
uns studieren noch, andere sind schon in Rente. Es gab Kinder unter uns, ganze
Familien, Künstler, religiöse Menschen, Atheisten, Muslime, Juden und Christen.
Andere wie Autonome, Anarchisten, Sozialisten, Globalisierungskritiker und sogar
manche Unpolitische waren dabei. Entsprechend gab es immer wieder
Missverständnisse und unnötige Diskussionen, Fehlentscheidungen und
nichtangemessenes Verhalten. Es gab neben Solidarität auch mal egoistisches
Verhalten. Eine Person, die trotz Wissen ein Visum zu benötigen, ohne Visum
mitfährt, bringt nur Ärger mit der Grenzpolizei... usw.. Aber die schönen
Solidaritätssituationen waren die überwiegenden Situationen.
Die Menschen, die uns auf allen Etappen der Reise empfangen haben, in
Frankreich, der Schweiz, Italien , in der Türkei und in Syrien sind genau so
vielfarbig wie wir, aber alle überzeugt von einer einfachen Zielsetzung:“ die
Anwendung des internationalen Rechts einzufordern“.
Der Empfang in den Durchreiseländern war nicht immer herzlich wie in Milano,
Istanbul oder in Syrien. Es gab auch mehrere Staaten wie Kroatien, Serbien ,
Slovenien oder Bulgarien und Jordanien, die dafür gesorgt haben, dass wir keinen
Kontakt zur Bevölkerung des jeweiligen Landes bekamen.
Nach einem sehr schönen politischen und situationsgerechten Empfang in Syrien
war die Enttäuschung über das Verhalten der jordanischen Behörden sehr
deprimierend . Bekannter weise lebt die Mehrheit der palästinensischen
Flüchtlinge in Jordanien. Die Caravane ist eigentlich wegen der Palästinenser
unterwegs gewesen. Die jordanischen Behörden verweigerten uns die Erlaubnis mit
den Flüchtlinge n in Kontakt zu treten. Sie führten die Caravane über weite Wege
zu einem von ihnen geplanten Campinglager am Fuße des Bergs Nebo außerhalb
Maadaba. Das sind mindestens 50Km südlich von Amman. In Amman lebt die Mehrheit
der Palästinenser.
Einen Tag später sind wir in Richtung Jordanisch-Israelischer Grenze
weitergereist, leider wegen einer sehr langen Besprechung zu spät am Tag
gestartet, so dass wir nur bis zur jordanischen Seite der Grenze kamen. Am
20.7.05 starteten wir kurz nach acht am Morgen zum israelischen Grenzpunkt. In
der prallen Sonne musste zuerst verhandelt werden, ob wir mit eigenen Autos nach
Palästina dürfen. Auf der israelischen Seite wurde festgelegt, wenn mit Autos
dann nur immer drei Autos zusammen, und für die Durchsuchung eines Autos
brauchen sie eine volle Stunde. Das heißt, für die dreißig Autos hätten sie mehr
als zwei Tage benötigt, bis wir alle die Grenze passiert hätten. Nach sechs
Stunden Verhandlung, mussten wir wegen der Tagestemperatur und wegen der
fortgeschrittenen Tageszeit nachgeben. Es wurde uns erlaubt fünf Autos, wegen
Kindern, Medikamenten und Verpflegung mit zunehmen. Der Rest reist mit dem Bus
über die Grenze. Es wurde bereits 16 Uhr als der Bus auf der israelischen Seite
war. Das heißt die Grenze wurde geschlossen, die fünf Autos konnten nicht mehr
folgen. Die Reisepässe wurden von israelischen Grenzpolizisten eingesammelt. Wir
wurden immer weiter vertröstet , es dauert nicht mehr lang. Es geht gleich
weiter, bis es 19.30 Uhr wurde. Nach Einbruch der Dunkelheit kam der Direktor
der Grenzstation und sagte uns: „ Die Regierung hat es leider nicht erlaubt, die
Caravane ins Land zu lassen.“ Er forderte uns auf innerhalb von 15 Min. mit dem
Bus nach Jordanien zurückzufahren, ansonsten würde das Militär uns dazu zwingen.
Daraufhin haben wir uns auf den Boden gesetzt um unseren Protest auszudrücken.
Wir wollten einfach nicht zurück. In der Tat es hat keine zwanzig Min. gedauert
bis der Saal mit Militär gefüllt war. Sie bildeten eine Kette so breit wie der
Saal und gingen in kleinen Schritten auf uns zu. Sie versuchten den einen oder
anderen aus der Menge heraus zu nehmen und zu verhaften. Aber ohne Erfolg. Eine
Kamera wurde beschlagnahmt. Wir bewegten uns sitzend Richtung Ausgang. Ab der
zweiten Hälfte des Raumes wurden die Soldaten nervös. Sie traten mit Füssen und
schlugen auf uns ein. Wir wurden brutal verprügelt bis wir am Bus ankamen. Dort
wurden wir einzeln mit einem Griff an den Nacken in den Bus geschupst. Der Bus
fuhr dann nach Jordanien zurück. Erst in Jordanien wurden uns die Reisepässe von
der jordanischen Polizei ausgehändigt. Die Pässe waren mit einem roten Stempel
versehen: Einreiseverbot für fünf Jahre. Am nächsten Morgen haben wir mit der
jordanischen Polizei ausgemacht, über Amman Jordanien verlassen zu wollen, denn
wir möchten auf dem Weg nach Hause bei den entsprechenden Botschaften
Protestbericht erstatten. Eine Stunde nach Abfahrt stellten wir fest, dass wir
gar nicht auf der Straße nach Amman waren. Die Polizei hat uns stillschweigend
noch einmal nach Maadaba geführt, damit wir nicht mit eigenen Autos zu den
Botschaften kommen. Nach dreistündigen Verhandlungen mit der Polizei und der
Geheimpolizei des Landes wurde uns erlaubt nur mit gemieteten Taxen und nur wenn
jede Landesgruppe getrennt von der anderen Ländergruppen nach Amman zu fahren.
Was wir auch dann taten. Der Deutsche Botschafter hat sehr aufmerksam zu gehört
und versprach einen Bericht an das Auswärtige Amt sowie an die deutsche
Botschaft in Tel-Aviv nach Rücksprache mit den anderen Botschaften (Frankreich,
Spanien... usw.) zu schreiben. Danach verließen wir Jordanien in Richtung Syrien
ohne in Jordanien Palästinensern gesprochen zu haben.
Einen Tag danach wurde eine große umfangreiche Pressekonferenz für alle Medien
in Damaskus gehalten.
Am Samstag den 30.7.05 bin ich in Paderborn wieder angekommen. Ob die deutschen
Medien über diese „demokratische Entscheidung „ der israelischen Behörden
berichtet haben, das weiß ich leider nicht.